Warum Du Deine Statuten dieses Jahr ändern solltest

Seit dem 1. Januar 2023 gelten die Bestimmungen des revidierten Aktienrechts. Das Gesetz bietet neu mehr Gestaltungsfreiheiten und bildet den technologischen Fortschritt besser ab. Wenn Du von diesen Änderungen profitieren, Deine Gesellschaft sanft modernisieren und gleichzeitig die Gesetzmässigkeit Deiner Statuten sicherstellen willst, gehört eine Statutenänderung an der nächsten Generalversammlung unbedingt auf die Traktandenliste.

Übersicht

Wann hast Du das letzte Mal die Statuten Deiner Gesellschaft geändert? Bei den meisten Gesellschaften liegt die letzte Anpassung wohl Jahre zurück. Das ist verständlich: Das Verfahren ist etwas kompliziert, dann kommen noch die Kosten für den Notar hinzu, der die Statuten beglaubigen muss, und die ganzen Unterlagen müssen beim Handelsregister eingereicht werden. In diesem Jahr sprechen aber viele Gründe dafür, das Projekt «Statutenrevision» wieder einmal anzupacken. Das Gesellschaftsrecht hat nämlich per 1. Januar 2023 zahlreiche Änderungen erfahren (eine Übersicht findest Du in diesem Blogbeitrag). Die zentralen Themen sind: Modernisierung, Flexibilisierung und Stärkung der Aktionärsrechte. Davon solltest Du profitieren – aber auch rechtlichen Stolpersteinen aus dem Weg gehen. Wir geben Dir im Folgenden einen Überblick und beziehen uns vorwiegend auf die Rechtsform der Aktiengesellschaft (AG). Die meisten Änderungen gelten aber sinngemäss auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), teilweise auch für Genossenschaften.

Modernisierung

Neu können AGs, GmbHs und Genossenschaften ihre General- bzw. Gesellschafterversammlungen komplett digital durchführen. Das Gesetz spricht von der virtuellen Generalversammlung. Bei dieser GV-Variante gibt es keinen physischen Tagungsort. Die Teilnehmer üben ihre Rechte auf elektronischem Wege aus.

Das kommt Dir bekannt vor? Zurecht: Gestützt auf die COVID-19 Verordnung war die virtuelle GV ohne statutarische Grundlage möglich – aber nur bis zum 31. Dezember 2022. Diese Übergangsregelung wurde nämlich durch die Aktienrechtsrevision ersetzt. Seit Jahresbeginn müssen die Statuten einer Gesellschaft die virtuelle GV explizit vorsehen. Wir empfehlen Dir, eine entsprechende Anpassung an Deiner nächsten GV vorzuschlagen.

Bei dieser Gelegenheit lohnt es sich, ganz generell bei Mitteilungen an die Aktionäre die elektronische Form vorzusehen: Ältere Statuten schreiben nämlich regelmässig vor, die Mitteilungen der Gesellschaft an ihre Aktionäre müsse per Brief erfolgen – also schriftlich und per Post. Das wird von vielen Gesellschaften tatsächlich anders gehandhabt; die Mitteilung per E-Mail oder in anderer elektronischer Form ist längst üblich. Das muss aber auch in den Statuten abgebildet werden.

Vielleicht ist auch die Durchführung einer GV im Ausland etwas für Deine Gesellschaft: Der Tagungsort kann ausserhalb der Schweiz liegen, sofern dies den Aktionärinnen und Aktionären zumutbar ist. Auch hier gilt: Die Möglichkeit, die GV an einem ausländischen Tagungsort durchzuführen, bedarf einer Grundlage in den Statuten.

Wenn Du Dich für dieses Thema interessiert, empfehlen wir unseren Blogbeitrag zu den neuen Formen der Generalversammlung.

Flexibilisierung

Aktiengesellschaften haben neu mehr Möglichkeiten bei der Gestaltung des Aktienkapitals. Zu erwähnen sind insbesondere das Kapitalband und die Aktienstückelung zu einem Nennwert, der grösser ist als null.

Mit einem Kapitalband wird der Verwaltungsrat ermächtigt, innerhalb eines Zeitraums von maximal fünf Jahren das Aktienkapital einer AG innerhalb einer definierten Bandbreite im Umfang von 50 % des bisherigen Aktienkapitals herab- oder heraufzusetzen, ohne dass dafür jeweils ein neuer GV-Beschluss benötigt wird. Die Aktionärinnen und Aktionäre können dem Verwaltungsrat dabei relativ freie Hand lassen oder die Ermächtigung an Bedingungen und Auflagen knüpfen. Wenn Du längerfristig Dein Kapital flexibel erhöhen oder herabsetzen können willst, solltest Du Dich mit dieser Möglichkeit auseinandersetzen und eine Statutenanpassung ins Auge fassen.

Neu ist auch die Anzahl Aktien, die Du ausgeben kannst, beinahe unbeschränkt, und zwar ohne, dass Du Deiner Gesellschaft neues Kapital zuführen musst: Der bisherige Mindestnennwert einer Aktie von einem Rappen wird aufgehoben. Neu kann er auch tiefer sein, solange der Wert grösser ist als null. Auch hier kommst Du aber nicht an einer Statutenänderung vorbei, wenn Du den Nennwert ändern willst.

Achtung Stolpersteine

Durch die Gesetzesrevision wurden zahlreiche Bestimmungen gestrichen, erweitert oder umgeschrieben. Rechtliche Stolpersteine gibt es bei Verweisen in den Statuten auf Gesetzesartikel, bei Statuten, in denen der alte Gesetzestext abgeschrieben wurde sowie bei der Verrechnungsliberierung.

Wer den Gesetzestext teilweise in den Statuten wiedergibt oder auf gewisse Artikel verweist, kann dabei in Schwierigkeiten geraten: Es ist unpraktisch, da die Statuten als Ratgeber oder als Handbuch für den Verwaltungsrat nicht mehr verlässlich sind.

Nicht nur unpraktisch, sondern dringend anpassungsbedürftig sind Statutenbestimmungen, die mit dem neuen Recht unvereinbar sind. Dies betrifft insbesondere das Traktandierungs- und Antragsrecht der Aktionäre: Neu sieht Art. 699b OR vor, dass Aktionäre, die einzeln oder zusammen insgesamt 5 % des Aktienkapitals oder der Stimmrechte vertreten, die Traktandierung eines Verhandlungsgegenstandes verlangen oder Anträge zu bereits traktandierten Verhandlungsgegenständen stellen können. Vorher lag dieser Schwellenwert doppelt so hoch, nämlich bei 10 %. Die Ausübung dieses Rechts darf durch die Statuten aber nicht erschwert werden – die Hürde bei 10 % zu belassen, ist somit unzulässig. Diese Änderung ist daher ein «must» – so früh wie möglich, spätestens aber mit Ablauf der Übergangsfrist per Ende 2024.

Schliesslich gelten seit dem 1. Januar 2023 bei der Verrechnungsliberierung strengere Anforderungen und Transparenzvorschriften: Die Statuten müssen unter anderem Name und Vorname des Gläubigers angeben, der eine Forderung zur Verrechnung bringt. Wenn ein Gläubiger bei einer Kapitalerhöhung kein «frisches» Kapital einzahlt, sondern eine bereits bestehende Forderung eben mit seiner Liberierungsschuld verrechnet, hat er sich darüber im Klaren zu sein, dass sein Name erst nach Ablauf von 10 Jahren aus den Statuten gelöscht werden kann.

Wenn Du wissen willst, welche Aktionärsrechte sich sonst noch ändern, empfehlen wir Dir unseren Blogbeitrag zu diesem Thema.

Fazit

  • Bei der Vorbereitung der nächsten Generalversammlung solltest Du eine Statutenanpassung ins Auge fassen.

  • Wir empfehlen, insbesondere die Themenbereichen «Modernisierung» und «rechtliche Stolpersteine» mit den entsprechenden Änderungsvorschlägen zu traktandieren.

  • Besteht Kapitalbedarf, sind zudem die neuen Möglichkeiten der Flexibilisierung bei der Kapitalgestaltung eingehend zu prüfen.

Hast Du weitere Fragen oder benötigst Du beim Projekt «Statutenänderung» rechtliche Unterstützung? Dann zögere nicht, unsere Expertinnen und Experten mit einer unverbindlichen Anfrage zu kontaktieren.

Mehr Informationen zum Thema Gesellschafts- & Handelsrecht.

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