Steward-Ownership: eine Alternative zu herkömmlichen Eigentumsstrukturen

Ökonomische Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung sind allgegenwärtige Themen. Wie sich diese Werte jenseits von blossem Greenwashing als echte, tragende Pfeiler in der Organisation einer Gesellschaft verankern lassen, erfährst Du hier in unserem Blogbeitrag.

Was wird unter Steward-Ownership verstanden?

Steward-Ownership – auch bekannt als Verantwortungseigentum – ist eine nachhaltige Unternehmensform. Je nach Interesse der Gründer:innen dient das Steward-Ownership einem sozialen und ökologischen Zweck oder einer werteorientierten Nachfolge bei Familienunternehmen. Steward-Ownership Modelle sind in der Schweiz aktuell eine Seltenheit. Im umliegenden Ausland, bspw. in Deutschland, bestehen Bestrebungen hierfür eine neue Gesellschaftsform zu schaffen. International haben sich bereits namhafte Unternehmen wie der deutsche Mischkonzern Robert Bosch GmbH, die dänische Brauerei Carlsberg oder der US-amerikanische Sportbekleidungshersteller Patagonia in der Form des Steward-Ownership organisiert. SENS (Social Entrepreneurship Network Schweiz) agiert als bekannteste Interessenvertreterin von Steward-Ownership in der Schweiz. Daneben etabliert sich die Purpose Stiftung mit Sitz in Basel, die als Vorreiterin des Steward-Ownerships und insbesondere des Veto-Anteil-Modells gilt.

Die Idee des Steward-Ownerships basiert auf zwei Prinzipien:

  1. Sinnprinzip: Es soll im Sinne eines «asset lock» sicherstellen, dass Gewinne reine Mittel zur Erfüllung des Unternehmenszwecks und kein Selbstzweck sind. Ein Unternehmen in Steward-Ownership gibt jedoch seine Gewinnstrebigkeit nicht auf. Überschüsse sollen in das Unternehmen reinvestiert, zur Deckung von Kapitalkosten verwendet oder gespendet werden.

  2. Selbstbestimmungsprinzip: Die Unternehmerschaft soll mit der Eigentümerschaft eines Unternehmens gleichgesetzt werden. Das heisst, dass die Stimmrechte nur durch mit dem Unternehmen eng verbundenen Personen ausgeübt werden sollen und zu diesem Zweck an Aussenstehende weder veräusserlich noch vererblich sein sollen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Kontrolle über das Unternehmen nicht von unerwünschten Anteilseignern:innen ausgeübt wird, die ihre Renditeinteressen denjenigen des Unternehmens vorziehen könnten. Vorliegend übernehmen die Anteilseigner:innen, solange sie eine Eigentümerstellung innehaben, eine treuhänderische Aufgabe.

Für wen eignet sich Steward-Ownership?

Steward-Ownership kann sowohl für Start-ups als auch für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) und für Grossunternehmen infrage kommen. Bei Start-ups mit einem starken Fokus auf nachhaltige Entwicklung können die Gründer, die ihre Kontrolle über das Unternehmen beibehalten möchten, zugleich auf die Suche nach Investoren gehen, ohne an Einfluss einzubüssen. In der Schweiz existieren diverse Förderer, die Start-ups in diesem Bereich unterstützen. Das wären unter anderem der BEKB Förderungsfond, Migros Pionierfonds, die Alternative Bank Schweiz (ABS) oder Innosuisse als öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes. Für ein Unternehmen, das soziale und / oder ökologische Ziele verfolgt und dessen primärer Zweck nicht die profitmaximierte Ausschüttung an die Gesellschafter ist, kann Steward-Ownership ein möglicher Vorteil sein, um langfristige Ziele zu erreichen sowie deren Bestehen zu bewahren. Aber auch für Familienunternehmen, die ihr Erbe wahren möchten, kann diese Steward-Ownership eine Chance sein, um sicherstellen, dass auch zukünftige Generationen den Werten und Visionen des Unternehmens treu bleiben.

Kann Steward-Ownership mit den bestehenden Gesellschaftsformen erreicht werden?

Steward-Ownership stellt keine eigene Gesellschaftsform dar. Nachfolgend werden die wichtigsten Modelle grob umschrieben.

Beim Veto-Anteil-Modell (auch bekannt als «Golden-Share-Model») erfolgt die Wertsicherung einer bereits bestehenden Gesellschaft über eine externe Non-Profit-Organisation (NPO), die häufig in der Form einer Stiftung agiert. Dabei hält die Stiftung einen besonderen Anteilsschein (sog. Golden-Share) im Interesse der Eigentümerschaft des Steward-Ownerships. Typischerweise beträgt dieser Anteil ein Prozent des Stimmrechts. Durch dieses Stimmrecht kann die NPO Statutenänderungen verhindern und nimmt dabei eine Wächterfunktion ein, die der Sicherung und dem Erhalt des Unternehmenszwecks dient. Damit diese Funktion der NPO auch wirkungsvoll ausgeübt werden kann, müssen die Statuten so konstruiert sein, dass die Stimme der NPO zwingend für eine Statutenänderung ist.

Wenn eine Gesellschaft sich im (Allein-)Eigentum einer Stiftung befindet, kann  Steward-Ownership ausserdem in der Form des Einzelstiftungsmodells verwirklicht werden. Oftmals wird die Gesellschaft von einer selbständigen gemeinnützigen Stiftung kontrolliert. Häufig werden innerhalb der Stiftung zwei Entscheidungsgremien eingesetzt: ein Unternehmensrat und ein Stiftungsrat i.e.S. Der Unternehmensrat übt dabei die Stimmrechte des Unternehmens aus und der Stiftungsrat i.e.S. bestimmt die Verwendung der Gewinne im Rahmen des Stiftungszwecks.

Es zeigt sich heute schon, dass mit Hilfe der Stiftung als Anteilseignerin an einer Gesellschaft die Möglichkeit besteht, Steward-Ownership in der Form des Veto-Anteil-Modells oder als Einzelstiftungsmodell zu verwirklichen. Der guten Ordnung halber sei zu erwähnen, dass es sich um keine abschliessende Aufzählung von Modellen handelt. Dank des liberalen Schweizer Stiftungsrechts kann Steward-Ownership bereits heute begründet werden.

Steward-Ownership eröffnet Unternehmer:innen neue Wege, ihr Unternehmen langfristig unabhängig, werteorientiert und sinnstiftend zu führen, ohne auf wirtschaftlichen Erfolg verzichten zu müssen. Die rechtlichen Möglichkeiten bestehen bereits heute, auch ohne eigene Gesellschaftsform.

Du fragst Dich, ob dieses Modell zu Deinem Unternehmen passt? Dann lass uns ins Gespräch kommen – wir unterstützen Dich dabei, Potenziale zu erkennen und Wege zur praktischen Umsetzung aufzuzeigen. Gerne steht Dir unser Gesellschafts- und Handelsrechtsteam bei Fragen zu solchen Fällen zur Verfügung.

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