Zwingendes Rücktrittsrecht! Vorsicht beim Vertragsabschluss mit Architekten

Architekten nehmen bei der Erstellung von Bauten eine Schlüsselrolle ein. Häufig sind sie von der Planungsphase über die Vergabe von Bauarbeiten bis zur Bauleitung in den ganzen Bauprozess involviert. Kommt es vor der Fertigstellung des Gebäudes zum Zerwürfnis, kann dies unangenehme Folgen haben.

Ausgangslage

 Neben der klassischen Planung sind Architekten häufig in den ganzen Prozess bis zur Übergabe des Gebäudes involviert und übernehmen Aufgaben wie die Vergabe von Bauarbeiten oder die Bauleitung. Dieser «Planervertrag» zwischen dem Bauherrn und dem Architekten ist kein gesetzlich geregelter Vertragstyp, sondern pendelt zwischen dem gesetzlich geregelten Werkvertrag und dem Auftrag. Der Werkvertrag unterscheidet sich vom Auftrag dadurch, dass bei einem Werkvertrag ein Erfolg in Form eines Werks geschuldet ist. Ein Bauplan ist ein solches Werk. Dagegen schuldet der Beauftragte dem Auftraggeber lediglich ein «sorgfältiges tätig werden». Die Bauleitung ist eine typische auftragsrechtliche Leistung.
 
Diese beiden Vertragstypen unterscheiden sich bezüglich des Rücktritts bzw. des Kündigungsrechts. Beim Auftrag dürfen beide Parteien jederzeit vom Vertrage zurücktreten. Diese Regel ist zwingend. Eine Entschädigungspflicht gibt es nur dann, wenn eine Vertragspartei zu Unzeit vom Vertrag zurücktritt und der anderen Partei dadurch einen Schaden verursacht. Allfällige entgangene Gewinne müssen nicht ersetzt werden. Beim Werkvertrag hingegen kann sich grundsätzlich nur der Bauherr auf das Rücktrittsrecht berufen und auch nur dann vom Vertrag zurücktreten, wenn er den Unternehmer vollständig schadlos hält, entgangene Gewinne eingeschlossen. Der Unternehmer darf dagegen nur dann vom Vertrag zurücktreten, wenn der Bauherr mit der Annahme des Werks oder anderen Leistungen im Verzug ist.
 

Anwendbares Recht

 Beschränkt sich der Planervertrag auf die Erstellung eines Plans für ein Bauwerk, so ist von einem Werkvertrag auszugehen. Sobald weitere Leistungen wie die Vergabe von Arbeiten oder die Bauleitung hinzutreten, handelt es sich in der Regel um eine Mischung zwischen Werkvertrag und Auftrag. Solche Verträge nennt man auch «globale» Planerverträge. Bei der Beurteilung eines globalen Planervertrags kommen sowohl die Regeln zum Werkvertrag als auch diejenigen zum Auftrag zur Anwendung.
 
Zentral ist wiederum, ob für die in Frage stehende (Teil-) Leistung ein überprüfbarer Arbeitserfolg geschuldet ist. Das heisst unter anderem, dass der Bauherr bei einem globalen Planervertrag bei Mängeln am Bauplan eine Mängelrüge analog zum Werkvertragsrecht machen muss. Somit muss bei der Beurteilung von Ansprüchen aus solchen Verträgen stets eine Qualifikation derjenigen Teilleistung gemacht werden, von der sich der fragliche Anspruch ableitet. Das Kündigungsrecht solcher Verträge unterstellt das Bundesgericht jedoch zwingend dem Auftragsrecht. Nach dieser Rechtsprechung kann der globale Planervertrag als Ganzes, inklusive der «werkvertraglichen» Leistung jederzeit gekündigt werden, analog zum Auftragsrecht.
 
Konkret präsentiert sich die Rechtslage wie folgt: Bestellt ein Bauherr bei einem Architekten nur den Bauplan für ein zu erstellendes Bauwerk, so könnte der Architekt lediglich dann vom Vertrag zurücktreten, wenn der Bauherr den Bauplan nicht rechtzeitig abnimmt oder mit der Zahlung der Vergütung in Verzug gerät. Der Bauherr seinerseits müsste bei einem Rücktritt den Architekten vollständig schadlos halten und ihm auch allfällige entgangene Gewinne ersetzen. Beauftragt derselbe Bauherr den gleichen Architekten gleichzeitig noch mit weiteren Leistungen, wie der Vergabe von Bauarbeiten und der Bauleitung, so dürften beide von diesem Vertrag nach den Regeln des Auftragsrechts jederzeit zurücktreten. Es wären lediglich diejenigen Schäden zu ersetzen, die direkt auf den Vertragsrücktritt zurückgeführt werden könnten. Allfällige entgangene Gewinne wären nicht gedeckt. Dieses Rücktrittsrecht bestünde zudem unabhängig davon, ob sich das Bauprojekt erst im Planungsstadium oder bereits in der Bauphase befindet.
 

Regelungsmöglichkeiten

 Das jederzeitige Rücktrittsrecht vom globalen Planervertrag analog zum Auftrag ist zwingend und kann nicht durch eine individuelle Abrede wegbedungen werden. Was jedoch geregelt werden kann sind die Entschädigungsfolgen bei einem vorzeitigen Vertragsrücktritt. Entsprechende Bestimmungen sind beispielsweise in Ziff. 18 des Planervertrags der Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB) oder Art. 1.10 der SIA-Norm 102, Ordnung für Leistungen und Honorare der Architektinnen und Architekten enthalten. Solche vorformulierten Regelungen kommen nur zur Anwendung, wenn sie durch die Parteien explizit zum Vertragsbestandteil erklärt werden. Art. 1.10 der SIA-Norm 102 sieht beispielsweise vor, dass der Architekt einen Zuschlag von mindestens 10% für den entgangenen Auftragsteil erhält, jedoch nur dann, wenn der Rücktritt durch den Bauherrn zur Unzeit erfolgt.
 
Sowohl die SIA-Norm 102 als auch der KBOB-Planervertrag enthalten hingegen keine Regelung für einen vorzeitigen Rücktritt durch den Architekten. Gerade professionellen Bauherren könnten infolge einer durch den Rücktritt des Architekten verursachten Verzögerung erhebliche Verluste durch Gewinneinbussen entstehen, für die kein Ersatz verlangt werden könnte. Die Folgen eines vorzeitigen Vertragsrücktritts sind demnach weder durch das Gesetz noch durch die gängigen Musterverträge genügend geregelt. Es empfiehlt sich daher vor Abschluss eines Planervertrags professionelle Beratung einzuholen und dies zwischen den Parteien vertraglich zu regeln.
 

Insbesondere zur Architektenklausel

 Problematisch wird das jederzeitige Rücktrittsrecht insbesondere dann, wenn der globale Planervertrag mit einem Grundstückskauf verknüpft wird. Diese Verknüpfung erfolgt in der Regel über eine sogenannte «Architektenklausel». So wird die Abrede in einem Grundstückkaufvertrag genannt, wonach sich der Käufer verpflichtet, den Verkäufer oder einen Dritten mit den Planerarbeiten für die Überbauung des Grundstücks zu beauftragen. Je nach Umfang dieser Planerarbeiten kommt wiederum das jederzeitige Rücktrittsrecht analog zum Auftragsrecht zur Anwendung.
 
Findige Architekten versuchen sodann, diese Architektenklausel mit der Bedingung zu sichern, wonach die Gültigkeit des Grundstückkaufvertrags von der Vergabe der Planerarbeiten abhängt. Das heisst, der Grundstückkaufvertrag fällt nachträglich dahin, wenn der Käufer die Planerarbeiten nicht an den vertraglich vereinbarten Architekten vergibt. Aus rechtlicher Sicht ist eine solche Abmachung höchst problematisch. Die Rückabwicklung des Grundstückkaufvertrags gestützt auf diese Abmachung ist nur schwer durchsetzbar. Ein Gerichtsverfahren ist vorprogrammiert. Wir empfehlen deshalb den Planer- und den Kaufvertrag in der Regel zu trennen.
 

Fazit

Das jederzeitige Rücktrittsrecht kann sowohl für den Architekten, als auch für die Bauherren unangenehme Folgen haben. Für einen Architekten, der seine Ressourcen auf ein grosses Bauprojekt ausrichtet, kann eine Kündigung schwere wirtschaftliche Folgen und eine empfindliche Gewinneinbusse nach sich ziehen. Der Bauherr wiederum kann durch einen plötzlichen Rücktritt des Architekten mit mühseligen und kostspieligen Verzögerungen seines Projekts konfrontiert sein. Von einer Vermischung von Planer- und Grundstückkaufverträgen sollte in der Regel abgesehen werden. Eine sorgfältige Vertragsredaktion durch einen Profi kann diesen Gefahren vorbeugen.

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