Stolperstein Mitarbeiterboni

Der Bonus ist in der Arbeitswelt ein alltäglicher Begriff, dennoch gibt es häufig Unklarheiten: Ist der Bonus stets freiwillig? Auf welchen Bonusbetrag haben Deine Mitarbeitenden Anspruch?

Welche Schwierigkeiten eine Bonusregelung mit sich bringt und auf was Du als Arbeitgeber besonders achten musst, erläutern Dir Anja und Chantal in diesem Blog.

Welche Bedeutung haben Boni in der Schweiz?

Mitarbeiterboni haben eine sehr grosse Bedeutung in der Schweiz. Durchschnittlich erhalten in der Schweiz jährlich etwa 30% aller Arbeitnehmerinnen einen Bonus. Die grösste Bedeutung haben Boni in den Branchen Finanzdienstleistungen, Pharma, IT und Versicherungen, wo jeder zweite Arbeitnehmer*in eine Sondervergütung erhält. Boni sind aber auch in der öffentlichen Verwaltung und im Sozialbereich anzutreffen (Quelle: MONATLICHE BONI NACH WIRTSCHAFTSZWEIG, TASCHENSTATISTIK 2018, Bundesamt für Statistik).

Boni nehmen daher über sämtliche Branchen eine wichtige Anreizfunktion wahr. Dies zieht sich durch alle Unternehmensgrössen, wobei in Kleinstunternehmen die Bonuszahlungen im Schnitt am höchsten sind (Quellen: SCHWEIZERISCHE LOHNSTRUKTURERHEBUNG 2018, LOHNKOMPONENTEN, Bundesamt für Statistik).

Was sind Mitarbeiterboni aus rechtlicher Sicht?

Den Begriff «Bonus» gibt es im Gesetz nicht. Was wir typischerweise als Bonus verstehen, wird im Arbeitsrecht als «Gratifikation» oder als «variabler Lohnbestandteil» bezeichnet. Diese Begriffe beschreiben zwei unterschiedliche Ansprüche.

Die «Gratifikation» ist in der Regel eine freiwillige Leistung, sprich eine echte Sondervergütung. Sie wird nur zu speziellem Anlass und nicht regelmässig ausbezahlt. In diesem Zusammenhang sprechen wir von «Ermessen». Dieser Begriff ist das zentrale Abgrenzungskriterium. Er beschreibt den Umstand, dass ein Arbeitgeber sowohl die Auszahlung als solche als auch die Höhe eines Bonus nach freiem Ermessen bestimmen darf.

Der «variable Lohnbestandteil» ist, wie der Name vermuten lässt, Lohn. Im Gegensatz zur Gratifikation wird Lohn nicht freiwillig ausbezahlt. Das bedeutet, der Arbeitgeber hat hierbei kein Ermessen. Er kann nicht entscheiden, ob er den Lohn nun ausbezahlen möchte oder nicht. Die Höhe hängt nicht vom Arbeitgeberwillen ab, sondern zum Beispiel vom Umsatz.

Wenn von «Bonus» die Rede ist, muss also eine Abgrenzung im Einzelfall vorgenommen werden.

Wie stellt das Gericht den Bonusanspruch fest?

Wirst Du von einer Arbeitnehmerin auf Bonuszahlung eingeklagt, prüft das Gericht zuerst den Arbeitsvertrag. Es analysiert die Bonusregelung in Vertrag, Reglementen, Weisungen oder Bonusvereinbarungen.

Hast Du im Arbeitsvertrag den Bonusanspruch im Grundsatz zugesichert, aber keine Höhe oder Berechnungsgrundlage angegeben, spricht man von einer «unechten Gratifikation». In diesem Sonderfall wird das Gericht prüfen, nach welchen Kriterien Du den Bonus in den vergangenen Jahren ausbezahlt hast. Es wird diese Kriterien anwenden und Dich zur Zahlung der «unechten Gratifikation» verpflichten.

Hast Du im Arbeitsvertrag zwar keinen Bonusanspruch zugesichert, jedoch drei Jahre in Folge ohne Vorbehalt einen Bonus ausgerichtet, wird die Gratifikation ebenfalls zur «unechten Gratifikation». Das Gericht wird Dich in diesem Fall zur Zahlung des Bonus verpflichten. Retten kannst Du Dich hier gegebenenfalls, wenn Du nachweist, dass Du den Bonus jeweils «mit Vorbehalt» ausbezahlt hast. Denkbar ist eine explizite Anmerkung auf dem jeweiligen Lohnausweis.

Enthält Dein Arbeitsvertrag hingegen einen bestimmten Betrag oder eine bestimmte, von objektiven Kriterien abhängige Berechnungsgrundlage (bspw. 5% vom Umsatzziel), kann es sich nicht um eine Gratifikation handeln. Das Gericht wird den Bonus in einem solchen Fall als «variablen Lohnbestandteil» qualifizieren und Dich zur Zahlung verpflichten.

Ein variabler Lohnbestandteil kann auch dann vorliegen, wenn im Arbeitsvertrag zwar keine klare Berechnungsgrundlage enthalten ist, der Bonusbetrag aber sonst wie objektiv hergeleitet werden kann.

Wenn Du zum Beispiel Mitarbeiterziele vereinbarst und Du dafür klare Bemessungskriterien festgelegt hast, kann das Gericht diese Kriterien zur Bonusbemessung anwenden. Der Mitarbeiter muss dann nachweisen, dass diese Bemessungskriterien existieren und dass er seine Ziele (zumindest teilweise) erreicht hat. In einem solchen Fall kannst Du Dich dann nicht darauf stützen, dass Du im Arbeitsvertrag den Bonus als «freiwillig» bezeichnet hast.

Welche weiteren Stolpersteine gibt es?

Aufpassen musst Du auch dann, wenn der Bonus, den Du auszahlst, im Vergleich zum Lohn Deiner Arbeitnehmerin einen hohen Anteil der Gesamtvergütung ausmacht. Zahlst Du Deiner Arbeitnehmerin einen Jahreslohn von CHF 75’000.00 und einen freiwilligen Bonus von CHF 75’000.00, dann ist die Gratifikation nicht mehr freiwillig, sondern wird zum Lohnbestandteil. Mit dieser Regelung möchte das Bundesgericht Missbräuche im Vergütungssystem verhindern (für mehr Infos vgl. BGE 142 III 381).

Glück hast Du dann, wenn Deine Arbeitnehmerin ein sehr hohes Einkommen erzielt. Ein sehr hohes Einkommen liegt beim fünffachen jährlichen Medianlohn. Dies sind gemäss der letzten Lohnstrukturerhebung rund CHF 390’000.00 (Quelle: SCHWEIZERISCHE LOHNSTRUKTURERHEBUNG 2018, Bundesamt für Statistik). Hat das Gesamteinkommen Deiner Arbeitnehmerin aus dem Arbeitsvertrag im letzten Jahr vor dem Vertragsende diesen Betrag überstiegen, wird auch eine hohe Gratifikation nicht zum Lohnbestandteil.

Wie machst Du es also richtig?

Eine gute Bonusregelung kann Dir viel Ärger ersparen. Nachfolgend findest Du einen Vorschlag für eine Musterklausel, die Du als Grundlage für eine Bonusregelung verwenden kannst:

«Zusätzlich zum fixen Salär kann der Arbeitgeber einen Bonus nach freiem Ermessen entrichten. Die Auszahlung ist absolut freiwillig. Mehrfache Auszahlungen in aufeinanderfolgenden Jahren lassen keinen festen Anspruch auf den Bonus entstehen. Bei einem Ein-oder Austritt im Laufe des Geschäftsjahres haben die Mitarbeitenden keinen Anspruch auf anteilsmässige (pro rata temporis) Ausrichtung des Bonus.»*

Wird der Bonus von Mitarbeiterzielen abhängig gemacht, sollten diese auf subjektiven Kriterien beruhen. Möchtest Du verhindern, dass der Bonus zum variablen Lohnbestandteil wird, sollte die Zielvereinbarung keine detaillierten Bewertungskriterien, Gewichtungen und Zielbeträge enthalten. Damit behältst Du das Ermessen bei der Zielbeurteilung in der Hand.

Zahlst Du Boni aus, empfehlen wir Dir, stets die Freiwilligkeit vorzubehalten, bspw. mit einem Hinweis auf der Lohnabrechnung.

*Die Klausel ist ein Vorschlag. Sie schliesst das Risiko von erfolgreichen Bonusklagen Deiner Mitarbeitenden nicht gänzlich aus, da es stets auf die gelebte Praxis im Unternehmen ankommt.

Fazit

Boni haben in der Schweiz in allen Branchen eine wichtige Anreizfunktion. Möchtest Du die Bonusbemessung möglichst objektiv und transparent gestalten, musst Du Dir darüber im Klaren sein, dass sich der Bonus zum variablen Lohnbestandteil wandeln kann. Mitarbeitende haben in einem solchen Fall einen Anspruch auf den Bonus, wenn sie ihre Ziele erreichen.

Möchtest Du Dich allfälligen gerichtlichen Auseinandersetzungen ganz entziehen, wird es vielleicht Zeit, Dein Anreizsystem weiterzuentwickeln und gänzlich auf Boni zu verzichten. Wie wäre es zum Beispiel mit einem VERLÄNGERTEN VATERSCHAFTS- ODER ELTERNURLAUB?

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