Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen

In stürmischen Zeiten, wie sie gerade vorherrschen, spüren Unternehmen Gegenwind. Gerade jetzt müssen Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben. Aus diesem Grund werden einige Arbeitgeber gezwungen sein, Personal abzubauen. Wo immer möglich, ist dies über die natürliche Fluktuation zu steuern. Zurzeit wird dies aber nicht allen Arbeitgebern gelingen. Wir zeigen Dir, wie Du korrekt Personal aus wirtschaftlichen Gründen abbauen kannst.

Kündigung

Das Schweizerische Obligationenrecht sieht im Vergleich zu anderen europäischen Staaten einen eher lockeren Kündigungsschutz vor. Dennoch gibt es die einen oder anderen Fallstricke:
 

  • Kündigung zur Unzeit;

  • Missbräuchliche Kündigung.

 
Merke: Gekündigte Arbeitnehmer haben während der Kündigungsfrist keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung.
 
Hier findest Du ein STANDARD-KÜNDIGUNGSSCHREIBEN und falls nötig eine FREISTELLUNGSERKLÄRUNG.
 
Nachfolgend erklären wir Dir, wie Du diese Fallstricke vermeiden kannst. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass diese Ausführungen nicht auf Massentlassungen anwendbar sind, die durch einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) geregelt sind. Ein GAV könnte allenfalls andere Regeln vorsehen.
 

Kündigung zur Unzeit

Erfolgt die Kündigung zur Unzeit, hat sie keine Wirkung und Du musst später nochmals schriftlich kündigen. Eine Kündigung zur Unzeit liegt vor, wenn die betroffenen Arbeitnehmer/-innen wegen Schwangerschaft, Militärdienst oder Krankheit und Unfall abwesend sind. Wenn Du diese Personen entlassen möchtest, musst Du abwarten, bis die sogenannte «Sperrfrist» abgelaufen ist. Diese dauert, je nach Abwesenheitsgrund und Dienstjahr, unterschiedlich lange. Ein Beispiel: Bei Militärdienst läuft die Sperrfrist nicht nur während dem Dienst, sondern auch vier Wochen vorher und nachher. Dauert der Dienst elf Tage oder weniger, ist eine Kündigung zwar möglich, sie ist jedoch in der Regel «missbräuchlich» (vgl. den nachfolgenden Abschnitt). Bei Schwangerschaft, Krankheit und Unfall ist es etwas komplizierter, in diesen Fällen unterstützen wir Dich gerne.
 

Missbräuchliche Kündigung

Das Gesetz zählt in Art. 336 des schweizerischen Obligationenrechts (OR) verschiedene Sachverhalte der missbräuchlichen Kündigung auf, z.B. wenn sich ein Arbeitnehmer einer Gewerkschaft anschliesst oder wenn er Lohnansprüche geltend macht. Die Liste in Art. 336 OR ist allerdings nicht komplett. Beispielsweise wäre es ebenfalls missbräuchlich, eine Person der COVID-19 Risikogruppe zu entlassen, nur weil sie ihre Arbeit wegen mangelnder Schutzmassnahmen nicht ausführen kann. Bevor Du in einem unklaren Fall die Kündigung aussprichst, solltest Du den Fall von einem Experten abklären lassen.
 
Bei einer missbräuchlichen ordentlichen Kündigung musst Du je nach Schweregrad einen bis sechs Monatslöhne Entschädigung an den Arbeitnehmer bezahlen (Art. 336a Abs. 1 und 2 OR).
 
Die Kündigung ist allerdings nicht missbräuchlich, wenn sie aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt. In diesem Fall empfehlen wir Dir jedoch, nicht nur eine bestimmte Personengruppen zu entlassen (z.B. nur Personen aus der COVID-19 Risikogruppe), da sonst die Kündigung dennoch erfolgreich als missbräuchlich angefochten werden kann.
Noch eine Anmerkung: Aus wirtschaftlichen Gründen solltest Du Arbeitnehmer keinesfalls fristlos entlassen. Diesfalls drohen Dir sowohl Lohnforderung bis zum ordentlichen Ende des Arbeitsverhältnisses als auch zusätzliche Entschädigungsforderungen.
 
Bei einer Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen sind in der Regel mehrere Arbeitnehmer eines Unternehmens betroffen. Je nach Anzahl Betroffener und Grösse Deines Unternehmens musst Du zusätzliche Massnahmen ergreifen, bevor Du die betroffenen Arbeitnehmer entlassen kannst (sog. «Massenentlassungsverfahren»).
 

Massenentlassung: ich als Kleinunternehmer betrifft das gar nicht?

… möglicherweise doch! Die Bestimmungen über Massenentlassungen kann bereits Unternehmen mit 21 Arbeitnehmern betreffen.
 
Die Vorschriften über die Massenentlassung nach Art. 335d ff. OR sind anwendbar bei Entlassungen, welche in einem Zeitraum von 30 Tagen ausgesprochen werden, wenn eine der folgenden Voraussetzungen gegeben ist:
 

  • Kündigung von mindestens zehn Arbeitnehmern in Betrieben, die in der Regel mehr als 20 und weniger als 100 Arbeitnehmer beschäftigen;

  •  

  • Kündigung von mindestens zehn Prozent der Arbeitnehmer in Betrieben, die in der Regel mindestens 100 und weniger als 300 Arbeitnehmer beschäftigen;

  •  

  • Kündigung von mindestens 30 Arbeitnehmern in Betrieben, die in der Regel mindestens 300 Arbeitnehmer beschäftigen.

 
Aber aufgepasst: Wenn Du die Kündigungen auf mehr als 30 Tagen verteilst, handelst Du unter Umständen rechtsmissbräuchlich. Die Kündigungen werden dann zusammengezählt.
 
Unter das Massentlassungsverfahren fallen nur jene Kündigungen, die in keinem Zusammenhang mit der Person des Arbeitnehmers stehen. Fristlose Kündigungen zählen nicht dazu. Gerät Dein Unternehmen in Konkurs oder wurde ein Nachlassvertrag abgeschlossen, sind die Regeln des Massenentlassungsverfahrens nicht anwendbar. Bei der provisorischen oder definitiven Stundung musst Du die Regeln aber weiterhin einhalten.
 

Konkrete Verfahrensschritte bei einer Massenentlassung

Sobald Du die Absicht einer Massentlassung hast, musst Du die Arbeitnehmervertretung oder die Arbeitnehmer des betroffenen Betriebsteils sofort über die geplanten Kündigungen schriftlich informieren.
 
Diese Information muss Folgendes enthalten: Die Gründe der Massenentlassung, die Anzahl Kündigungen, Anzahl beschäftige Arbeitnehmer und den Zeitraum, in dem die Kündigungen ausgesprochen werden sollen. Bei Bedarf musst Du Deinen Arbeitnehmern weitere Informationen zur Verfügung stellen. Eine Kopie dieser schriftlichen Information musst Du dem kantonalen Arbeitsamt zustellen. Dies ist die erste Phase des Verfahrens.
 
Als zweite Phase folgt das Konsultationsverfahren. Deine Arbeitnehmer müssen Gelegenheit erhalten, Vorschläge zur Vermeidung der Kündigungen zu unterbreiten. Je nach Komplexität und Grösse Deines Betriebs haben die Arbeitnehmer dafür zehn bis 15 Tage Zeit.
 
Nach Ablauf dieser Frist musst Du die Vorschläge prüfen und entscheiden, ob Du an den geplanten Massnahmen festhältst (dritte Phase). Du darfst zahlenmässig nicht mehr Arbeitnehmer entlassen, als Du zu Beginn des Konsultationsverfahrens bekannt gegeben hast. Selbstverständlich darfst Du weniger Entlassungen aussprechen, als zuerst geplant. Wir empfehlen, Deine Entscheidung kurz zu begründen.
 
Nachdem Du Dich für das weitere Vorgehen entschieden hast, musst Du das kantonale Arbeitsamt über die geplanten Kündigungen und übrigen Massnahmen informieren (vierte Phase). Arbeitsverhältnisse, die Du im Rahmen einer Massenentlassung kündigst, enden frühestens 30 Tage nachdem Du das Arbeitsamt informiert hast. Besteht im Arbeitsvertrag eine längere Kündigungsfrist, ist diese selbstverständlich einzuhalten.
 

  • Phase 1: Tag 1 und 2 

  • Phase 2: Tag 3 bis 13

  • Phase 3: Tag 14 bis 16

  • Phase 4: Tag 17 bis 47

 
Hierbei handelt es sich um ungefähre Zeitangaben. Je nach Dauer des Konsultationsverfahrens, der Kündigungsfrist und dem Zeitpunkt der Meldung ans Arbeitsamt, kann die effektive Dauer von diesen Zeitangaben abweichen.
 

Konsequenzen bei Missachtung der Vorschriften

Falls Du diese Vorgaben nicht einhältst, kann das Gericht den von Entlassungen betroffenen Arbeitnehmern eine Entschädigung von bis zu zwei Monatslöhnen zusprechen. Erfolgt die Meldung beim Arbeitsamt verspätet oder unterlässt Du sie ganz, wird dadurch die Beendigung des Arbeitsvertrags hinausgeschoben.
 
Wer das Arbeitsamt pflichtwidrig nicht informiert, kann mit Busse bis zu CHF 40’000.00 bestraft werden (Art. 39 Abs. 2 lit. b Arbeitsvermittlungsgesetz).
 

Sozialplan

Zur Erstellung eines Sozialplans gemäss Art. 335i Abs. 1 OR bist Du nur dann verpflichtet, wenn Du mindestens 250 Arbeitnehmer beschäftigst und innert 30 Tagen mindestens 30 Arbeitnehmer entlässt.
 
Ein Sozialplan ist eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern bzw. der Arbeitnehmervertretung. Ziel dieser Vereinbarung ist die Vermeidung von Kündigungen oder zumindest deren Anzahl zu beschränken sowie deren Folgen abzumildern. Ein solcher Sozialplan kann eine Vielzahl von Massnahmen enthalten (bspw. Frühpensionierungen, Hilfe bei der Stellensuche etc.). Auch hier kann ein GAV weitere Regelungen enthalten.
 

Fazit

Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen, besonders Massenentlassungen, können Dich vor komplexe Herausforderungen stellen. Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretungen können sehr aufwändig und zeitintensiv sein.
 
Wenn Du gut vorbereitet bist und vorausschauend die Angelegenheit angehst, kannst Du Dir eine Menge Ärger und Kosten ersparen. Es lohnt sich deshalb, externe Unterstützung zu holen.
 
Gerne sind wir Dir bei der Durchführung eines Massenentlassungsverfahrens oder bei der Erstellung eines Sozialplans behilflich.

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